Mittwoch, 22. Mai 2013

Zwei Jahre Anni Hundetochter

Ach, zum Zweijährigen wollte ich schon die ganze Zeit etwas schreiben, so ein bisschen über mein Leben mit Hund. Das war ja eine große Umstellung. Wusste ich natürlich vorher. Das sollte ja auch so sein, denn so wie es war - ich den ganzen Tag auf dem Sofa mit dem Notebook auf dem Schoß und im Internet rumgerödelt - so konnte es nicht bleiben. Auf diese Weise bringt man sich recht zuverlässig vor der Zeit um, und ich will meine Rente gerne eine Weile genießen. Das ist wie der große Feierabend nach sehr langem Einsatz.

Ich hab einiges gelernt über Hunde. Zum Beispiel, dass ich sie früher schwer unterschätzt habe. Anni ist bedeutend intelligenter, als ich geglaubt hätte. Eigentlich kann ein Hund sich manches Mal das Denken sparen, indem er seine Nase einsetzt; eine Kunst, die Katzen zum Beispiel weniger gut beherrschen, die stattdessen nachdenken müssen. Aber es gibt andere Gelegenheiten, wo ich mich ehrlich gewundert habe, wie logisch Anni denkt und wie sie zu vernünftigen Schlüssen kommt. Diese Schlüsse sind nicht immer das, was ich wollte! Aber man kann wirklich nicht sagen, dass sie doof wären.

Zum Beispiel, als ich versuchte, Anni "Bei Fuß" zu lehren. Wenn sie gerade zufällig korrekt neben mir her trottete, holte ich ein Leckerchen raus, lobte sie "Bei Fuuuuß, jaaaaa" - und was war das Resultat? Mein naschsüchtiger Hund ging freiwillig ein paar Schritte neben mir und sprang gleich darauf gierig an mir hoch und bettelte um das Leckerchen. Sie hat die Belohnung nicht mit ihrem Verhalten in Verbindung gebracht, sondern genau umgekehrt: Sie hatte einen Weg gefunden, Leckerlis abzustauben.

Dasselbe mit "Gib Pfötchen", "Sitz" und "Leg dich hin". Diese drei Dinge hatte ich ihr jeweils während einer Werbepause im Fernsehen beigebracht, Anni lernt ja schnell. Wenn sie jetzt um Naschzeugs bettelt, spult sie noch immer das ganze Programm ab: Pfötchen, sitzen, hinlegen, sitzen, Pfötchen... Sie glaubt, ich hätte ihr gezeigt, wie man Leckerchen aus mir rausleiert.

Mit "Naschzeug" meine ich natürlich solches für Hunde! Keine Schokolade oder solch Menschenkram. Wobei, einmal war mir unbemerkt ein Riegel Jogurette unter den Tisch gefallen. Ich wunderte mich ein bisschen, dass Anni zu mir kam und sich offenbar irgendwie bedankte... hatte ich so den Eindruck. Bloß, wofür?? Bis ich am Boden das leere Einwickelpapier entdeckte. Da wurde einiges klarer! Muss ihr sehr geschmeckt haben.

Etwas sehr Wichtiges zwischen Mensch und Hund ist ja die Frage der Autorität. Ich ahnte vorher, dass mir dies am meisten Schwierigkeiten bereiten würde. Von Katzen sozialisiert, begegnete ich meinen Haustieren immer auf Augenhöhe und war instinktiv demokratisch. Hunde sind das aber nicht. Im Gegenteil, wenn die ihren Platz nicht kennen, werden sie eher unglücklich. So bemühe ich mich redlich, den Boss zu geben, und hab dabei nicht selten das Gefühl, dass Anni ein bisschen herablassend grinst. "Mach du nur; ich weiß trotzdem, wie ich dich um den Finger wickeln kann", denkt sie, oder so ähnlich. 

Wirklich gekämpft hat sie mit mir im Alter von vier Monaten, als sie immer in die Leine gebissen hat. Das hab ich tapfer ausgekämpft. Zu der Zeit hat sie auch mal probiert, ob sie mich einschüchtern kann: Hat mich böse angeknurrt und gebellt. Na, da war was los! *g* Ich bin hinter ihr her gerannt, brüllend und mit erhobenen Händen wie ein Halloween-Gespenst, und Anni ist voller Schrecken in ihr Bett geflitzt und hat sich da so platt hingeworfen wie sie nur konnte. Da hab ich sie dann in Ruhe gelassen. Im Bett soll sie sich sicher fühlen. Das war das letzte Mal, dass sie offen opponiert hat, diese Frage war geklärt. Aber sie manipuliert mich doch immer noch ganz gern, nur heimlich. Und wenn's nicht klappt, fängt sie auch mal zickig an zu kreischen. Sie macht das zum Beispiel, wenn ich sie gelegentlich duschen muss. So gern wie Anni in jeden See rennt, aber Wasser aus der Dusche - nee. Und wirklich, ich stell extra den Boiler ab, dann kommt das so handwarm da raus, also nicht eiskalt und auch nicht zu heiß für 'nen Hund. Eigentlich kann sie keinen Grund für das Theater haben, außer, dass sie eben nicht will. (Man merkt das auch daran, dass ich am Ende genau so nass bin wie Anni.) Sie wollte vor einiger Zeit auch nicht beim Tierarzt auf dem Tisch sitzen, da hat sie dasselbe Geschrei angefangen. Uns klingelten die Ohren! Sogar der TA ist zusammengezuckt.

Dieses schreckliche Gekreische lässt sie auch los, wenn man mit ihr aus der Bahn steigt. Anni steigert sich da so rein, dass es von den Wänden zurück gellt, einfach unerträglich. Die Leute gucken alle, ob ich meinen Hund bestialisch quäle. Wir können uns nicht erklären, warum sie das macht; es sieht so aus, als hätte sie Angst, dass wir nicht rechtzeitig raus kommen und die Bahn mit uns weiter fährt. Bloß - so weit denkt doch kein Tier. Für sie hält die Bahn, wir steigen aus, gut. Sie kann nicht wissen, dass die Türen sich theoretisch wieder schließen könnten.

Immerhin gibt es etwas, das hilft: Ich muss Anni auf den Arm nehmen, wenn wir aussteigen. Dann spüre ich zwar, wie ihre kleine Hundepumpe hektisch klopft, aber sie hält den Schnabel. Leicht ist das nicht immer. Oft hab ich ja auch Taschen zu tragen. Aber es hilft nichts, da muss ich durch, auch wenn mir kurzfristig die Arme sehr lahm werden.

Nein, trotz allem, ich versuche eine gute Rudelführerin zu sein. Es gibt Grenzen, die eingehalten werden, aber eben freundlich und bestimmt. Immer mit der Ruhe, sie ist ein kleines Tier. Rumgebrüllt wird nicht. Ah, manchmal schon. Manchmal jagt Anni die Katze quer durch die Wohnung, nur aus Quatsch, weil Mulle sich immer so schön aufregt. Das ist dann die Gelegenheit, wo ich brülle: "Anni!!!!! Lass die Mulle!!!!" Dann kommt der Hund fröhlich angetobt, setzt sich vor uns hin und lacht. 

So will ich das haben! Ganz genau so. Vertrauen. Keine Angst von ihrer Seite, keine Befürchtung, von uns könnten Unannehmlichkeiten kommen.

Es ist noch nicht lange her, da sah ich einen Mann auf dem Fahrrad, neben ihm lief ein ziemlich großer brauner Hund. Obwohl der Radfahrer nicht anhielt, legte der Hund einen kurzen Stopp ein, um Anni zu begrüßen. Da stieg der Typ vom Rad, stellte sich über sein Tier und zwang es buchstäblich in die Knie. Der Hund wurde durch diese Demonstration dafür bestraft, dass er sich hatte ablenken lassen.

Bäh, pfui Deibel! Der Kerl hat ja wohl einen Machtkomplex. Von dem sollten sich alle Frauen fern halten, so fern wie möglich! Großer Bogen.

Mein Lg ist das genaue Gegenteil, der war zwar bei der Bundeswehr, redet mit dem Hund in Fragesätzen. "Würdest du bitte damit aufhören?" Da musste ich wirklich lachen. Hörma - einem Hund gegenüber brüllt man "AUS!!!" und fertig. *g* Aber nun ja. Der Lg stammt noch aus den Zeiten des Staatsbürgers in Uniform. Ich war ja eigentlich immer gegen die Wehrpflicht, aber jetzt wo sie abgeschafft ist, seh ich die Gefahr, dass nur noch eine bestimmt Sorte Mensch dort freiwillig eintritt, nämlich solche, die ihre Hunde in die Knie zwingen. 

Anni macht manchmal einen melancholischen oder unzufriedenen Eindruck auf Fotos. Ich seh es wohl. Aber das bedeutet wirklich nicht, dass sie unglücklich ist! Sie neigt einfach zum kritischen Gesichtsausdruck, das konnte man schon an den Züchterfotos erkennen, die Anni im Alter von wenigen Tagen bis Wochen zeigen. Es hat ja lange gedauert, bis ich nicht mehr reflexartig mit schlechtem Gewissen reagierte, sobald Anni mich strafend ansah. Na, ein bisschen ist es immer noch so... ich überlege dann schon, ob ich gerade irgend etwas tue, worüber ein Hund sich ärgern muss. Meistens ist das aber gar nicht der Fall. Oft möchte sie, dass ich etwas Bestimmtes tue, und wenn ich's nicht mache, dann guckt sie so. Aber das wär ja noch schöner.

Tja, manchmal hadere ich auch ein bisschen. Bei jedem Sauwetter muss ich raus, ich muss morgens aufstehen, obwohl ich noch müde bin, aber Anni muss ja nach draußen. Dann spüre ich ein bisschen Sehnsucht nach dem früheren Lotterleben.

Aber dann sag ich mir doch: War das in Ordnung damals? Die Tage glitten mir irgendwie davon, ich las abends immer länger bis spät in die Nacht, wachte immer später am Tag auf, schon war es wieder Abend. Das hat mir nicht gefallen, aber ich brachte einfach nicht die nötige Disziplin auf. Manchmal versuchte ich, wenigstens einen Spaziergang pro Tag einzubauen. Das ging zwei, vielleicht drei Tage gut, dann fingen die Ausreden an: Zu kalt, zu heißt, zu nass, zu windig... Irgendwas findet man immer.

Die regelmäßigen Hunderunden sind wie ein Geländer, das meinen Tag strukturiert. Mein Leben ist sehr viel gesunder geworden. Ich muss spätestens um Mitternacht das Licht ausmachen, sonst bin ich müde, wenn der Wecker klingelt. Meistens bin ich schon vor dem Klingeln wach, das wäre mir früher nie passiert.

Und so erfüllt Anni jedenfalls genau die Aufgabe, für die ich mir einen Hund angeschafft habe. Das Schöne ist ja, dass man so einen Hund dann auch liebt wie verrückt und sich auch die Spaziergänge im Sauwetter antut. Die Alternative wäre: Kein Hund. 

Das wäre doch schrecklich!


2 Kommentare:

  1. Happy Birthday liebe Anni und ganz liebe Grüße von glücklichen Löwchen Rüde Besitzern.
    Anni ist ja ganz entzückend.Wenn wir nicht so weit weg wären würden wir euch ganz schnell besuchen.
    Alles Liebe aus Bayern

    AntwortenLöschen
  2. Anni sagt "Vielen Dank" für die Geburtstagswünsche. :9

    Ja, Bayern ist leider sehr weit weg, und die Löwchen-Besitzer sind weit über das Land verstreut. Ich hörte zweimal von Leuten, dass sie irgendwo in Hamburg noch ein anderes Löwchen getroffen hätten Aber sie sind schon immer noch eher selten. Schade eigentlich.

    AntwortenLöschen